Wann und wie bist Du zu Sounds gekommen?
ca. 1969, durch Michael Wallossek, mit dem ich an der Uni Köln Philosophie studierte – und der damals als Red.-Assistent bei Sounds angefangen hatte.
Was hast Du vorher gemacht
Studiert – und mir eine Farfisa-Orgel gekauft, weil ich dachte, ich wäre vielleicht auch zum Künschtler berufen ;-)
Was waren Deine konkreten Aufgaben bei Sounds?
Freier Mitarbeiter für Plattenreviews. (Man bekam 10 DM Honorar, musste vorher die Platte aber für 5 DM Rainer Blome abkaufen – immer noch billiger als die 22 DM, die LPs damals kosteten.)
Legath und Manfred Becker lernte ich noch in Köln kennen, Gülden und Schwaner dann erst 1975 in Hamburg. Alles angenehme Zeitgenossen, mit denen man wunderbar locker zusammenarbeiten konnte.
Wie sah der redaktionelle Alltag bei Sounds aus? (Wann begann die Bürozeit? Viele Reisen zu Interviews?) Rock’n Roll-Lifestyle in der Redaktion?
Bei Blome wurde viel gekifft und Musik gehört. Er wohnte am Ubierring ja in den Redaktionsräumen (eigentlich andersrum: Es gab einen Büroraum in seiner Wohnung), insofern lief da alles sehr locker ab. Deutsche Musiker wie Guru Guru schauten auch mal rein (und rauchten mit). Legath hatte mit Drogen nichts am Hut – und war wohl auch nicht so glücklich, dass Gülden und Schwaner das etwas anders sahen…
Gibt es ein Interview/Konzert/Platte von damals, die Dir aus ihrer Sounds-Zeit besonders in Erinnerung geblieben ist?
Frühe Can- und Amon Düül-Konzerte, die damals von Manfred Schmidt (dem späteren berüchtigten Polit-Party-Organizer!) im Kölner “Weißhaus”-Kino veranstaltet wurden.
Gab es besonders Beziehungen zu Musikern?
Die Can-Leute, vor allem Hildegard und Irmin Schmidt. Holger Czukay kam später häufig bei mir vorbei, um mit den Cannabis-Pflanzen auf der Fensterbank zu sprechen, weil er meinte, das würde ihr Wachstum beschleunigen.
Gab es direktes Feedback zu deinen Artikeln? Von Seiten der Leser, des Musiker, des Umfeldes?
Kann mich an nichts erinnern. In den Prä-Internet-Zeiten kam damals noch nicht so viel.
Gab es journalistische Vorbilder, nach an denen Du dich damals orientiert hast?
Mittwochs gab es am Kölner HBF immer die neuen Melody Maker, NME und (die englische) Sounds, die ich alle verschlang. Richard Williams schätzte ich sehr, später Allen Jones und Steve Lake. Nick Kent und Charles ShaarMurray waren zwar immer lustig, aber manchmal etwas arg selbstreferentiell.
Wie war dein eigenes Verständnis von Rockkritik? Was macht für Dich eine gute Rockkritik aus?
Das sind Meta-Fragen, die damals eigentlich gar nicht gestellt wurden. Rückblickend empfinde ich die damalige Kritik(en) eher als rührende Exemplare einer prähistorischen Epoche.
Wie würdest Du deine Zeit bei Sounds rückblickend charakterisieren? Was hast Du mitgenommen?
Viele Platten.
Woran erinnerst Du dich am intensivsten, wenn Du an die Sounds-Zeit zurückdenkst?
An das unglaublich kultige Image, das die Zeitschrift ab ca. 1975 bekam. Obwohl die Auflage gerade mal bei 40.000 lag, schien sie das Zentrum des (Musik-)Universums zu sein. Es war Gülden/Schwaner zu verdanken, dass Pop-Kritik plötzlich nicht mehr buchhalterisches Wiederkäuen war, sondern selbst Pop wurde. (Wobei es dafür natürlich angelsächsische Vorbilder gab, die mit Verspätung in Deutschland adaptiert wurden.)
Warum bist Du bei Sounds ausgeschieden? Was hast Du nach deiner Zeit bei Sounds gemacht?
Offiziell bin ich wohl erst ausgeschieden, als ich 1981 den Musikexpress übernahm, der dann 1983 – nach dem Verkauf an Jürgen Marquard – mit Sounds fusioniert wurde. Damals war aber klar, dass “Sounds” nur noch als klangvoller Name mitgeschleppt wurde. Die Verkaufszahlen von Sounds waren inzwischen so tief im Keller, dass die Verluste bei “Sounds” die Gewinne des “Musikexpress” auffraßen – und aus diesem Grunde wurde dann auch verkauft…
Gibt es noch Kontakt zu ehemaligen Kollegen?
Nur noch zu Teja Schwaner. Gülden gibt’s ja leider nicht mehr. Legath hockt irgendwo in Südfrankreich.
Welche Rolle spielt Musik heute in deinem Leben?
Eine untergeordnete. 35 Jahre professionelle Beschäftigung mit der Musik scheinen da zu einem Overkill geführt zu haben.
Kanntest Du Rainer Blome noch und kannst Du ihn charakterisieren?
Ein ziemlich radikaler Loner, fast schon etwas autistisch. Als er Sounds an Jonas Porst verkaufte (für 22.000 DM), hatte er schon die Lust an der Zeitung verloren. Andererseits konnte er ein unglaublicher Idealist sein. Als er (Mitte der 80er?) plötzlich auf die Idee kam, mit einem jamaikanischen Sound-System (und seiner damaligen jamaikanischen Freundin) durch die Lande zu ziehen, hab ich vor so viel Risikobereitschaft und Radikalität nur den Hut gezogen. Er schwärmte damals überhaupt für Afrika und schwarze Kultur. Ich glaube, mit dem westlichen Kulturbetrieb wollte es nichts mehr zu tun haben. Er konnte zwar auch etwas schlitzohrig sein, war aber nie ein Geschäftsmann und hatte auch nie den langen Atem, um eine Sache durchzuziehen.
Hast Du die neue Redaktion ab 1979 mit Diedrich Diederichsen, Thomas Buttler und Michael Kröher erlebt und wie beurteilst Du die Ausrichtung von Sounds auf Punk, NDW und später zum Glitzer- und Oberflächen Pop?
Als ich 1981 dem Musikexpress übernahm, saß Diedrich im (völlig vermüllten ;-)) Büro gegenüber. Die Intellektualisierung, die von ihm initiiert wurde, war mir immer etwas fremd. Man könnte sicher auch die These vertreten, dass der (kommerzielle) Niedergang von Sounds durch den “Pop-Diskurs” eingeleitet wurde(auch für die spätere Spex gab es aufgrund des limitierten Käuferkreises eigentlich nie eine wirtschaftliche Basis), andererseits denke ich mir, dass nach den Boom-Jahren der 70er Jahre zwangsläufig ein Abschwung kommen musste. Punk war eine Wasserscheide, die viele der frühen Sounds-Leser nicht nachvollziehen konnten.